Weihnachtsrundbrief an die katholischen Ärzte Österreichs

20. Dezember 2021
Quelle: Distrikt Österreich
Darstellung des hl. Evangelisten Lukas im Dom zu Gurk

Liebe katholische Ärzte Österreichs, 

vor über 200 Jahren, im Dezember 1804, ereignete sich in Paris eine besondere Gegebenheit: Papst Pius VII. hielt sich zu dieser Zeit in Frankreich auf. Im großen Saal des Louvre, wo zahlreiche Abordnungen zusammengekommen waren, um dem Stellvertreter Christi ihre Ehrfurcht zu erweisen und seinen Segen zu empfangen, stellte man dem Papst Pius VII. auch fünf junge Mediziner vor - darunter den berühmten René Laënnec (1781-1826), der das Stethoskop erfunden hatte. Sie waren Mitglieder der vom Jesuiten Jean-Bapiste Delpuits hauptsächlich für Juristen und Ärzte gegründeten karitativen Laien-Kongregation Auxilium Christianorum, die wenige Jahre zuvor in Paris gegründet worden war. Der Papst konnte eine erste Bewegung der Überraschung nicht zurückhalten. « O », sagte er lächelnd, « medicus pius, res miranda! (Ein frommer Arzt, welch' seltsames Ding!) »  

Offenbar ist dieses Wort von Pius VII. nicht nur in den Jahren unmittelbar nach der französischen Revolution, sondern auch ein heute wieder gültiges Wort. Die Mehrheit der Ärzte, nur noch materialistisch und atheistisch geprägt, haben zum gegenwärtigen Zustand unserer Gesellschaft, ebenso wie andere prägende Berufsgruppen, einen gewichtigen Beitrag geleistet.  

Unsere im Jahr 2020 ins Leben gerufene österreichische St. Lukas-Gemeinschaft für die katholischen Ärzte und das im medizinischen Bereich tätige Personal, soll klar dazu beitragen, jene, die diese so wichtigen Berufe ausüben auf die grundlegenden Wahrheiten der gesunden Vernunft und des Glaubens hinzulenken. Eine seriöse Medizin, die gesunden Prinzipien der Wissenschaft folgt, kann kein Widerspruch zum katholischen Glauben sein – niemals! 

Papst Pius XII., der sich immer wieder mit naturwissenschaftlichen Fragen, so auch mit Fragen der Medizin auseinandersetze, mehr als alle anderen Päpste, sprach vor Ärzten einmal die folgenden Worte, über die wir tief nachdenken sollen: „Eine grundlegende Wahrheit: Das ärztliche Gewissen ist nicht rein subjektiv; es bildet sich vielmehr durch die Bewährung mit der Wirklichkeit und orientiert sich an dieser und an den ontologischen Gesetzen, die alles Denken und Urteilen beherrschen.“ (Ansprache, 19.10.1953) Diese immer gültigen Worte stehen in scharfem Kontrast zu all dem was wir heute erleben.  

Der Arzt ist durch seine Arbeit in gewisser Weise auch immer aufgefordert, zu der Bestimmung des Menschen Stellung zu beziehen. Der Mensch besteht aus einem vergänglichen, irdischen Leib und einer unsterblichen Seele. Einen Schaden an der Seele zu erleiden ist von ganz anderer Qualität als ein körperliches Gebrechen. Ein echter Arzt kann die Botschaft Jesu Christi und die überlieferte Lehre der Kirche über die Bestimmung des Menschen gar nicht übersehen. 

Was ist im Lauf der letzten Jahre aus der Medizin geworden? Was können wir aktuell beobachten? Hat man nicht viele grundlegende Prinzipien über Bord geworfen? Nicht nur im bioethischen Bereich, sondern in der echten Wissenschaftlichkeit überhaupt? Von wem lassen sich Ärzte, Apotheker, Pflegepersonal heute prägen und leiten?  

Lassen wir in unserer heutigen Situation noch einmal Papst Pius XII. zu uns sprechen: „Oft, zu oft leider, steht am Beginn von vielen klugen Maßnahmen die Furcht, und aus diesem Grund überschreiten sie die Grenzen, die selbst von der Klugheit gezogen werden. Im vorliegenden Fall hat die in sich berechtigte Verteidigung gegen eine drohende Ansteckungsgefahr im Lauf der Geschichte zur Annahme von strengen Gesetzen geführt, deren noch viel strengere, bis zur Grausamkeit schreitende Ausführung sich nur durch die kopflose Torheit der Bevölkerung erklären lässt. Nicht nötig, bis zur berühmten Pest von Mailand im Jahre 1630 zurückzugehen. Nicht so fernliegend ist - unter vielen anderen - die Erinnerung an jene bedauernswerte Odyssee der Passagiere der « Matteo Bruzzo » im Jahre 1884, die auf dem weiten Ozean umherirrte und überall, sogar mit Kanonenschüssen, zurückgewiesen wurde, weil an Bord festgestellte Cholerafälle Panikstimmung an allen Ufern des Atlantiks hervorgerufen hatten. Brachten einst, ohne so weit zu gehen, die ebenso durch ihre Dauer wie durch ihre Strenge grausamen Quarantänevorschriften die armen Passagiere nicht in eine bedauerliche körperliche und seelische Lage, abgesehen vom Schaden, den die öffentliche Wirtschaft erlitt? …“ (Ansprache, 27. Juni 1949) 

Die Stimme der Kirche, die Verkündigung der katholischen Wahrheiten, das Wissen um die unsterbliche Seele und die Würde des menschlichen Leibes ist in unseren Tagen verstummt wie kaum je zuvor. Ich möchte die katholischen Ärzte bitten, ihren hohen Beruf, ihre Stellung in der Gesellschaft, aber auch ihre Stellung vor Gott, erneut zu betrachten. Handeln wir alle bitte wieder nach echt medizinischen Prinzipien, immer verbunden mit den reinen Prinzipen der katholischen Bioethik, so wie sie bis vor einigen Jahren noch gelehrt wurde und immer ohne Menschenfurcht. Es ist der medicus pius, der medicus catholicus, der hier auch gerade durch sein eigenes geistliches Leben wieder die Wahrheit, auch in diesem Bereich, zum Leuchten bringen wird. 

Dank Ihres Glaubens werden Sie Ihre beruflichen Pflichten gut erfüllen und Ihre Verantwortung in der Kirche und der Gesellschaft auch wahrnehmen. Gesegneter Glaube, der Ihnen als gerechten Lohn jene Ruhe des Gewissens gibt, die hier auf Erden keinen Preis hat! Leben Sie in dieser Zeit einmal mehr ganz aus dem Glauben! Haben Sie ein großes Gottvertrauen, gerade auch in den kleinen und großen Schwierigkeiten des beruflichen Alltags. Dieser Glaube wird es Ihnen auch ermöglichen, in schwersten Situationen ein klares Bekenntnis abzulegen und heroisch handeln zu können. 

Ich wünsche Ihnen allen, Ihren Familien und Freunden, besonders auch Ihren Patienten, den lieben Kranken, ein frohes und gnadenreiches Weihnachtsfest. Das Christkind ist der König des Friedens. Jesus Christus möge Ihnen jenen Frieden in dieser Weihnachtszeit schenken, den unsere Welt, unsere Gesellschaft, wahrhaftig nicht schenken kann. 

Gottes reichen Segen! 

Ihr 

P. Johannes Regele 

Jaidhof, 20. Dezember 2021

 

 

Hören Sie hier die Predigt von P. Johannes Regele in der Ärztemesse am Fest des Hl. Lukas >