
Die norditalientische Stadt Aquilea (im heutigen Friaul gelegen) war eine der größten Städte des römischen Reiches. Von hier ausgehend erfolgte die erste Christianisierung des heutigen Kärnten. Um das Jahr 300 wurde die römische Stadt Virunum (im heutigen Gebiet des geschichtsträchtigen Zollfeldes) zum Bischofssitz. Im Zuge der Völkerwanderung zogen die hier ansässigen Romanen nach Italien ab, slawische Stämme besiedelten die Täler von Drau, Mur und Save und gründeten das Fürstentum Karantanien. Im Jahr 591 ist letztmalig ein Bischof von Virunum genannt, das Land fiel danach völlig in das Heidentum zurück. Hier lag nun das Aufgabengebiet unseres Heiligen, des hl. Modestus, des „Apostels von Kärnten“.
Fast 1300 Jahre trennen uns von seiner Lebenszeit und nur spärlich finden sich historische Angaben über sein Leben. Seinen Geburtsort kennen wir nicht und auch nicht das Geburtsjahr, vermutlich aber war er ein Landsmann des Hl. Virgil und stammte somit aus Irland. Er trat in ein Benediktinerkloster im Frankenland ein, wo er aufgrund seines überaus bescheidenen Verhaltens den Namen „Modestus“ (der Bescheidene) erhielt. Mehrere Jahre lebte er hier und viele seiner Mitbrüder sahen in ihm schon den zukünftigen Abt wegen seiner Umsicht, seiner Klugheit und seiner Bildung. Dazu sollte es jedoch nicht kommen, Gott hatte andere Pläne mit ihm.
Modestus hört erstmals von Kärnten
Aus dem irischen Kloster Aghaboe machte sich Virgilius mit einigen Missionaren auf und sein Ruf eilte ihm voraus: ein Mann von außergewöhnlicher Bildung und Wissen. Aus diesem Grund behielt der Frankenherrscher Pippin den gelehrten Mönch am Hof, wo er Vorträge über die Kunst der Mathematik, der Landvermessung, der Astronomie und ganz besonders über die Auslegung der Heiligen Schrift halten sollte. Virgilius hatte bei seinen Vorträgen sehr oft einen aufmerksamen Zuhörer: den Mönch Modestus. Ihn fesselte die Absicht des Virgilus, über die Alpen zu ziehen und die dort ansässig geworden heidnischen Volksstämme für Christus zu gewinnen. Virgil hatte über die Zerstörung der prachtvollen römischen Stadt Virunum im Völkersturm gesprochen, ebenso über die andere Bischofsstadt des Landes, Teurnia (heute St. Peter im Holz, nahe von Spittal an der Drau), die eine der größten Städte in Noricum war. In ihrer Blütezeit hatte sie 30.000 Einwohner. Diese Erzählungen weckten in dem jungen Mann Modestus das brennende Verlangen, den Menschen in diesem heidnischen Land die Lehre Christi zu verkündigen.
In dieser Zeit befand sich auch Herzog Odilo von Bayern am Herrscherhof und als er Virgilius reden hörte, hatte er den Mann gefunden, der ihm geeignet erschien, der zweite Nachfolger des hl. Rupert auf dem seit kurzem verwaisten Bischofsthron von Salzburg zu werden. Virgilius verstand den Wunsch des Herzogs als einen Auftrag Gottes und stimmte zu. Mit Virgilius kam auch Modestus nach Salzburg, wo für beide eine segensreiche Tätigkeit begann.
Modestus als Lehrer des Herzogsohnes
Mittlerweile war in Karantanien, dem heutigen Kärnten, der Slawenstamm aus dem Osten unter die Herrschaft der Awaren gekommen. Der Slawenherzog Borut bat im Jahr 749 den Bayernherzog Odilo um Hilfe und dank dessen Eingreifen war schon bald Ordnung und Frieden wiederhergestellt im Land. Borut aber hatte dadurch Verbindung mit Salzburg erhalten und war tief beeindruckt von der christlichen Kultur. Er sandte seinen Sohn Gorazd und seinen Neffen Cheitumar nach Salzburg, damit sie im Christentum unterrichtet würden. Modestus wurde ihr Lehrer. Jahre vergingen und während er die beiden jungen Männer im wahren Glauben und in der Liebe zu Christus unterrichtete, lernte er von ihnen die Sprache des Kärntnerlandes, seine Lieder und seine Bräuche.
Eines Tages traf die Nachricht ein, dass Herzog Borut sterbenskrank war und seinen Sohn und seinen Neffen sehen wollte. Als die beiden schließlich auf dem Herzogsitz Karnburg ankamen, lag Borut im Sterben. Bald nach seinem Tod erkrankte sein Sohn Gorazd, der Anwärter auf den Herzogstuhl, und folgte seinem Vater in den Tod. Somit trat Cheitumar die Nachfolge seines Onkels an und wurde Herzog. Überwältigt von der Bürde dieses Amtes, rief er nach seinem väterlichen Freund Modestus, er wünschte ihn als Vater, Freund und Ratgeber an seiner Seite. Die Angelegenheit wurde dem Bischof Virgilius vorgetragen und dieser zögerte nicht lange. Im Jahr 752 schickte er Modestus als Chorbischof nach Kärnten und beauftragte ihn, die zerstörten Bischofskirchen wiederaufzubauen und den Menschen die Frohbotschaft des Evangeliums zu bringen. Er gab ihm einige Priester mit, darunter ein erfahrener Architekt und Baumeister. Modestus wurde von Cheitumar ein herzliches Willkommen bereitet und der Bischof gewann die Zuneigung der Menschen sofort, als er in ihrer Sprache zu ihnen redete: „Nach dem Willen eures Herzogs werden wir eine Kirche bauen und ich werde sie zu Ehren der himmlischen Mutter Maria weihen. Das erste Heiligtum, das in diesem verwüsteten Land entsteht, muss eine Marienkirche sein, ein Gnadenthron der mütterlichen Liebe, Güte und Barmherzigkeit. Der Himmelskönigin soll dieses Land und sein Volk gehören. Sie wird unsere Landesmutter und Schutzfrau sein“.
Bau einer Marienkirche
Schon am nächsten Tag wurde mit dem Bau der Marienkirche auf einem Hügel an der Ostseite des Zollfeldes begonnen, das Bauvorhaben schritt rasch voran und bald schon konnte es abgeschlossen werden. Die Kirche stand bis zum 15. Jahrhundert, dann wurde sie durch den heutigen spätgotischen Kirchenbau ersetzt. Maria Saal gilt als die älteste Kirche des Landes Kärnten, die seit ihrer Gründung bis in unsere Zeit ununterbrochen dem christlichen Gottesdienst und der Marienverehrung gedient hat. Die Legende berichtet von folgendem Vorkommnis: Als der Kirchenbau schon abgeschlossen war und kurz vor der Einweihung stand, kamen Kaufleute von Friesach das Tal herab. Mit sich führten sie eine Statue der Himmelskönigin, welche von Böhmen nach Italien gebracht werden sollte. Als das Gefährt nach Maria Saal kam, blieben die Pferde stehen und niemand konnte sie mehr in Bewegung bringen. Die Leute sahen darin ein Zeichen und meinten, dass Maria an diesem Ort bleiben wollte. Man rief Bischof Modestus, der die Statue vom Wagen hob, worauf sich die Pferde sofort wieder in Bewegung setzten. Mit Dank und Jubel begleitete das Volk den Bischof in die Kirche, wo die Statue einen würdigen Platz bekam. Bald danach fand die Einweihung der Kirche statt und die Schönheit dieser liturgischen Feier ließ das großteils noch heidnische Volk etwas erahnen von der Herrlichkeit des christlichen Glaubens.
Noch während der Bauzeit der Marienkirche war Bischof Modestus auch an anderen Orten tätig. Mit Hilfe des Herzogs ließ er die ehemalige Bischofskirche im heutigen St. Peter im Holz wiedererrichten. Auch noch an mehreren anderen Orten, so auch in der Steiermark, soll Modestus Kirchen gebaut haben. Maria Saal aber wurde zum Ausgangsort der Christianisierung des ganzen Landes, worüber Modestus mehrmals jährlich seinem Freund Virgilus in Salzburg berichtete.
Die Lebensführung von Modestus war schonungslos und hart gegen sich selbst, bis zur vollkommenen Hingabe. Dazu kamen die kalten Winter, die er nicht gewohnt war und so erkrankte er nach einigen Jahren aufopferungsvoller Tätigkeit in Kärnten und starb bald darauf. Sein Todestag ist der 3. Dezember, vermutlich im Jahr 765. Herzog Cheitumar ließ ihm ein Grab in der Marienkirche errichten. Bald setzte eine große Verehrung des Heiligen ein und es entstanden Wallfahrten zu seinem Grab, die es bis heute gibt. Seit 1953 ruhen seine Reliquien in einem römischen Kindersarg in der Kirche Maria Saal.
Nach menschlichen Maßstäben war sein Leben vorerst unvollendet, denn als er mit seinem Charisma von unwiderstehlicher Demut und Bescheidenheit nicht mehr da war, fiel das Volk neuerlich in das Heidentum zurück. Die Mönche wurden vertrieben und selbst Herzog Cheitumar konnte sie nicht schützen. Aber nach wenigen Jahren schon kamen neue Chorbischöfe und Geistliche und führten das Werk des hl. Modestus weiter.
Der hl. Modestus heute
Alle Heiligen der christlichen Geschichte wurden von Gott in diese Welt gesandt mit einem klaren Auftrag für die jeweilige Zeit, in der sie lebten. Darüberhinaus aber hinterließen sie bleibende Spuren mit einer Botschaft für alle nachfolgenden Generationen, die auch noch nach fast 13 Jahrhunderten aktuell ist. Bedingt durch den praktisch völligen Glaubensabfall unserer Zeit ging auch das Wissen darüber verloren, die meisten stehen den Heiligen heutzutage völlig verständnislos gegenüber. Tugenden, wie die Bescheidenheit des hl. Modestus, sind weitgehend verschwunden. Unsere Gesellschaft wird von der Raffgier geleitet, man will alles haben, und wenn man es hat, will man noch mehr, nie ist man zufrieden. Die Gier nach Geld bestimmt das Streben der Menschen, blindlings fallen sie auf die Verführungen der Massenmedien herein. Um einen Weg aus dieser Sackgasse zu finden, wäre der hl. Modestus sicher ein gutes Vorbild und ein guter Fürsprecher. Die so auffällige Bescheidenheit, die alle in seiner Umgebung faszinierte, führte ihn zu einer tiefen Gottesliebe, aus der seine Werke des Glaubens und der Nächstenliebe entstanden. Unser südlichstes Bundesland kann sich glücklich schätzen, einen solchen Fürsprecher zu haben!
Sein Festtag ist der 3. Dezember, in der Diözese Gurk der 24. November
Quellen:
Modestus, der Apostel von Kärnten von P. Rupert Müller
Heilige und Namenspatrone in Österreich von Schauber und Schinderl